Zugegeben: Aus heutiger Sicht braucht man schon ein wenig Fantasie, wenn man vor der Burgruine Degelestein steht. Nach vielen hundert Jahren ist nur noch ein wenig vom Mauerwerk geblieben, ungefähr da, wo der Eingang früher war. Warum man die diese Mauerreste aber heute noch als „Weiherschlösschen“ in Lindau kennt, darauf kommt man ohne Expertenwissen zur Stadtgeschichte wohl kaum.

Die Burg Degelstein wurde um 1332 erstmals schriftlich erwähnt. Ausladend groß war die Anlage, die kaum 100 Meter vom Ufer entfernt steht, nicht wirklich. Aber immerhin ein zweistöckiges Gebäude samt Vorburg und einem Rundtürmchen gab es. Das hat die Lindauer Bürgerinnen und Bürger damals wohl an ein „Schlösschen“ denken lassen.

Aber was hat es dann mit dem Weiher auf sich? Es gab auch einen kleinen Burggraben, der wurde 1839, als die Anlage leider abgerissen wurde, verfüllt. Bis dahin stand um die Burg herum aber das Wasser. Vermutlich verwilderte der Burggraben zusehends, was ihn wie einen natürlichen Weiher aussehen ließ. So ist neben den Mauerresten bis heute der Name Weiherschlösschen geblieben – der der nicht ganz unpassend wirkt für so einen verwunschenen Ort, der das älteste Bauwerk des angrenzenden Lindenhofparks darstellt.

So alt wie die Mauern sind, die immerhin noch mehr als drei Meter in die Höhe ragen, so wechselvoll ist die Geschichte der Besitzer von Burg Degelstein. Auch die Stadt Lindau war ab 1621 schon einmal im Besitz der Burg. Damals war dort zum Schutz der Stadt ein vereidigter Wächter stationiert. Ab 1839 ist die Familie Gruber als Eigentümerin gelistet, die das Anwesen als Beitrag zum Lindenhofpark verstand, der zu dieser Zeit gerade am Entstehen war. Mehr als einmal wurden Veränderungen am Bauwerk vorgenommen. Seit 1956 ist das Weiherschlösschen wieder in Besitz der Stadt.

Beispiel Degelstein: Was ist eigentlich eine Niederungsburg?

Wer beim Gedanken an eine Burg ein beeindruckendes Mauerwerk, hoch oben über dem Umland vor Augen hat, liegt meistens richtig. Burgen wurden bevorzugt auf natürlichen Anhöhen errichtet. Dennoch sind etwa ein Drittel aller Burganlagen in Deutschland sogenannte Niederungsburgen, die im Flachland oder in einer Talsohle liegen. Da man an solchen Orten nicht den für die Verteidigung großen Vorteil der Höhenlage hatte, baute man diese Burgen an Stellen, die aus anderen Gründen gut zu verteidigen waren. Eine Variante der Niederungsburg ist die Wasserburg – wie auch Burg Degelstein eine war: umgeben von Wassergräben beziehungsweise ganz oder teilweise von natürlichem Gewässer geschützt.