Um das Jahr 1500 begann man in Lindau damit, dauerhafte Verteidigungsanlagen zu errichten. Wozu diese gut sein können, zeigte sich im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) viele Jahre später, als die Schweden kamen. Deren Angriff war zum Glück die einzige förmliche Belagerung, die Lindau je erdulden musste. Erfolgreich war sie für die Angreifer auch nicht. Die schwedischen Truppen scheiterten am Widerstand der Kaiserlichen Truppen und der Bürger Lindaus.

Heute ist von diesen Verteidigungsanlagen nicht viel geblieben. Die Sternenschanze ist die letzte, die man auf dem Lindauer Inselrundweg noch sehen kann. In Friedenszeiten hat sie aber eine ganz andere Bedeutung: Dank der kleinen Aussichtsplattform hat man einen herrlichen Blick auf den See – und einen echten Logenplatz für spektakuläre Sonnenuntergänge in den Abendstunden.

Die Sage von der Hexe, die nach Lindau floh

Für Einheimische wie Gäste mit einem Faible für Geschichte und für Sagen und Legenden, die sich um Historisches ranken, hat die Schanze aber noch viel mehr zu bieten – und zwar mit Blick auf den Hexenstein. Der Hexenstein ist ein Gneisblock, den die letzte Eiszeit hier nahe der Insel Lindau liegen ließ. „Glaziales Geschiebe“ nennt die Wissenschaft so etwas. Hexenstein macht da natürlich mehr her. Nur bei Niedrigwasser ist er überhaupt zu sehen. Ganz selten ragt er mal bis zu einem Meter aus dem Wasser.

Früher gab es angeblich sogar zwei Hexensteine. Der Sage nach heißen sie so, weil eine Hexe aus der Schweiz flüchten musste und mit einem Dreisprung über die Steine ans Ufer gelangte. Die Details der Sage sind eher verworren: So soll am Schweizer Ufer der Wandermönch und Missionar Gallus – einer der „ersten Verbreiter des Schriftenthums am Bodensee“ – des Nachts seine Fischernetze ausgeworfen haben, als er von Dämonen „von einem benachbarten Berge herab“ behelligt wurde. Gemeinsam mit seinen Glaubensbrüdern begegnete Gallus dem Bösen unerschrockenen und mit frommem Gebet, was die Dämonen in die Flucht schlug.

Darunter sei eben auch jene Hexe gewesen, so heißt es weiter, die sich angesichts der Übermacht der Glaubensbrüder über den See in Richtung Lindau davonmachte – und mit einem ersten Schritt auf dem kleineren Hexenstein landete, mit dem zweiten dann auf jenem Stein, der heute noch dort liegt und mit dem dritten Schritt schließlich an Land gelangte. Das „Sagenbuch der Bayerischen Lande“ von 1853 dazu: „Auf beiden Hexensteinen soll ehedem der Abdruck eines menschlichen Fußes – und zwar mit der Spitze nach der Schwabenseite gekehrt – sehr deutlich zu erkennen gewesen sein.“

Oder war es doch die Heilige Aurelia?

Was aus der Hexe anschließend wurde, ist nicht bekannt. Ebenso wenig, warum der zweite Hexenstein heute verschwunden ist. Dafür bringt eine weitere Sage den Stein mit der Heiligen Aurelia von Regensburg in Verbindung. Die Reklusin soll im 11. Jahrhundert aufgrund der Christenverfolgung von Fußach nach Lindau geflohen sein und dabei für den Abdruck im Felsen gesorgt haben. Immerhin hat Aurelia nachweislich noch weitere Spuren hinterlassen: Die Aurelia-Kapelle in Lindau stammt zwar aus frühchristlicher Zeit, trug aber immerhin lange Zeit den Namen der Heiligen.

Ob man im vom Gletschereis geschundenen Gestein nun den Abdruck einer Hexe oder einer Heiligen erkennen mag – den Möwen, die sich gern hier tummeln, wann immer der See den Felsen freigibt, dürften die Sagen und Legenden der Menschen jedenfalls herzlich egal sein.