Ein Wagnis, welches sich gelohnt hat
Prof. Dr. Roland Doschka über die Anziehungskraft großer Künstler und seine Liebe zur Malerei und der Gartengestaltung
Picasso und Chagall, Miró und Matisse, Nolde und Klee: Dass Werke dieser Ausnahmekünstler in einer kleinen Stadt wie Lindau zu sehen waren, ist vor allem einem Mann zu verdanken: Prof. Dr. Roland Doschka, Kunstliebhaber und seit 35 Jahren Kurator internationaler Ausstellungen zur Klassischen Moderne.
Herr Prof. Doschka was hat Sie gereizt, in Lindau zu kuratieren?
Prof. Dr. Roland Doschka | Der erste Kontakt zu Lindau entstand zunächst über eine andere Bodenseeinsel, nämlich die Mainau, wo ich bis vor kurzem als Präsident des Europäischen Kulturforums tätig war, und die Familie Bernadotte. Die Bernadottes wiederum sind Lindau eng verbunden durch ihr Engagement für die Nobelpreisträgertagungen, die jährlich hier stattfinden. Als ich dann von Kulturamtsleiter Alexander Warmbrunn eingeladen wurde und bei meinem ersten Besuch auf der Insel Lindau das Stadtmuseum sah, hat mich der „Cavazzen“ sofort fasziniert. Die sakral wirkenden Räume sind wie geschaffen für filigrane Arbeiten auf Papier.
Seit 2011 kuratieren Sie nun jährlich eine große Sonderausstellung nach der anderen für das Stadtmuseum. Wie werden die Ausstellungen denn angenommen?
Prof. Dr. Roland Doschka | Bereits im ersten Jahr erreichten wir 50.000 Besucher und seitdem insgesamt rund 400.000 Besucher in sieben Ausstellungen – das ist wirklich ein umwerfendes Ergebnis. Kultur ist den Menschen ein Bedürfnis. Das gilt sowohl für die Lindauer als auch für die Touristen, die jedes Jahr auf die Insel strömen. Gerade weil die Präsentationen mit 40 bis 50 Werken überschaubar und die Inhalte daher gut zu vermitteln sind, werden unsere Ausstellungen sehr geschätzt. Bei kleinen Ausstellungen ist es umso wichtiger, dass man höchste Ansprüche an die künstlerische Qualität der Exponate stellt.
Der besondere Reiz der Ausstellungen liegt unter anderem darin, dass viele Arbeiten aus privaten Sammlungen gezeigt werden, die andernorts kaum oder nie zu sehen sind. Wie schafft man es, die Privatbesitzer davon zu überzeugen, ihre wertvollen Werke zu verleihen?
Prof. Dr. Roland Doschka | In der Welt der Kuratoren bin ich kein Unbekannter, nach mehr als 50 Ausstellungen habe ich sehr gute internationale Beziehungen. Ganz wichtig ist es meiner Meinung nach, dass die Passion des Kurators auf die Leihgeber überspringt, so dass sie sich genauso für eine solche Ausstellung begeistern können. Und sie müssen sicher sein können, dass der Kurator kompetent ist und ihre Schätze in guten Händen sind.
Die regelmäßige Kontaktpflege zu anderen Kunstliebhabern ist für Ihre Tätigkeit sicher besonders wichtig. Wie muss man sich das eigentlich vorstellen, wenn Prof. Doschka zum Beispiel einen Sammler in Frankreich kontaktiert?
Prof. Dr. Roland Doschka | Was die Datenpflege angeht, bin ich Traditionalist: Meine Kontakte sind ganz altmodisch in einem Adressbuch aufgeschrieben. Das hat auch den Vorteil, dass nur ich selbst Zugang zu den Daten habe. Diskretion und Sicherheit spielen hier eine große Rolle. Es ist natürlich auch eine interessante Angelegenheit, die Werke zu organisieren: Manchmal überschneiden sich die Leihgeber, manchmal nicht. Wer einen Picasso hat, hat in der Regel keinen Chagall. Aber wer etwas von Paul Klee hat, hat vielleicht auch was von August Macke. Man muss also breit aufgestellt sein. Mein Netzwerk erweitert sich ständig, wie konzentrische Kreise.
Neben Ihrer Tätigkeit für internationale Ausstellungsprojekte sind Sie bekannt als Gartengestalter und Gartenbesitzer. So wurde etwa Ihr Garten als einer der schönsten Privatgärten Europas ausgezeichnet. Fließt diese Passion auch in Ihre Ausstellung 2018 ein?
Prof. Dr. Roland Doschka | Daheim habe ich einen Garten, der eine Hommage an Künstler und ihre Werke darstellt. Das vier Hektar große Gelände ist das künstlerisch-gestalterische Vermächtnis meines Lebens als Ausstellungsmacher. Deshalb freue ich mich ganz besonders auf die August Macke-Ausstellung 2018. Ich habe ihr den programmatischen Titel „Flaneur im Garten der Kunst“ gegeben. In den zusammengetragenen Werken von Macke kann ich beide Leidenschaften, die Natur und die Kunst, verbinden. Darauf und auf die Besuche in der wunderbaren Insel- und Gartenstadt Lindau freue ich mich.