Der Holdereggenpark samt historischer Villenanlage gehört nicht zu den bekanntesten Parks im Lindauer Stadtgebiet. Seine besondere Schönheit und Entstehungsgeschichte machen ihn jedoch zum Geheimtipp! Kenner bemerken schon beim Blick auf das filigran geschmiedete Gartentor, dass sie es hier mit einem außergewöhnlichen Ort zu tun haben. Der Eingang zum Park stellt nicht nur eine handwerkliche Meisterleistung dar, sondern verweist auf die Ursprünge des Areals und seines Erstbesitzers Hermann Näher (1838-1908).

Kaum 20 Jahre alt, machte sich der Sohn einer Aeschacher Familie im 19. Jahrhundert auf nach Sumatra, um mit Gewürzpflanzen und Tabak zu handeln. Näher war damit überaus erfolgreich – und kehrte 1879 als reicher Mann nach Lindau zurück. Dort erwarb er sogleich mehrere Grundstücke und ließ auf seinem neuen Besitz eine herrschaftliche, schlossartige Villa errichten. Mit den Arbeiten betraute er den Architekten Georg Ritter von Hauberisser, zu dessen berühmtesten Werken das Neue Münchner Rathaus gehört.

Großzügiger Schlossherr endet in Armut

Hauberisser schuf einen zweigeschossigen Bau aus Rotsandstein im Neu-Renaissance-Stil mit englisch-normannischem Charakter. Der geschäftliche Erfolg in der Ferne, der den Bau des Schlosses ermöglichte, fand sich im aufwendig gestalteten Eingangstor wieder, das die Vegetation Sumatras kunstvoll abbildet.

Nach seiner Rückkehr zeichnete sich Näher durch seine Großzügigkeit der Allgemeinheit gegenüber aus, weshalb ihm die Ehrenbürgerwürde der Stadt Lindau verliehen wurde. Doch leider blieb ihm selbst das finanzielle Glück nicht treu: Näher verlor sein Hab und Gut nahezu vollständig aufgrund unlauterer Machenschaften seiner Geschäftspartner. Schloss Holdereggen wurde Teil der Konkursmasse. Näher starb 1908 als armer Mann.

Die Bäume sind weit länger da, als die „Jungfernburg“

1937 erwarb die Stadt den Grund und ließ Nähers Schloss zum Pensionat der Höheren Evangelischen Töchterschule umbauen. Aus dieser Zeit stammt die in Lindau noch heute geläufige Bezeichnung „Jungfernburg“. Seit 1951 hat die Musikschule der Stadt in ihren Sitz im Schloss. Geblieben ist nach wechselvoller Geschichte die Schönheit des Parks mit seinen verschlungenen Wegen und kleinen Ruhezonen. Vom Reichtum früherer Tage zeugen nicht nur zwei Säuleneichen und eine stattliche Buche. Auch der mächtige Mammutbaum hat alle menschlichen Herren längst überlebt, die ihn einst hier, fernab seines natürlichen Habitats, in die Lindauer Erde setzten.