Das Rainhaus ist zwar ein Verweis auf eine schreckliche Zeit in der Geschichte Lindaus, aber vor allem viel mehr ein Symbol für Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe und soziales Engagement. Bis heute! Errichtet wurde das Rainhaus 1585 – mit dem Ziel, die Pest einzudämmen, die damals auch in Lindau grassierte. Daher auch der Name Rainhaus, der auf Reinwerden, also die Genesung, verweist.

Ganz so optimistisch, wie der Name es andeutet, darf man sich das Reinwerden damals aber nicht vorstellen. Die Pest galt angesichts der medizinischen Mittel bis in die frühe Neuzeit als nicht heilbar. Somit hatten Einrichtungen wie das Rainhaus, von denen es damals in Europa viele gab, eigentlich die Bezeichnung „Pesthäuser“. Auf Heilung konnte man dort nicht hoffen, wenn man erkrankt war. Vielmehr konnte es nur darum gehen, den Leidenden etwas Linderung zu verschaffen.

Keine Chance auf Heilung

Man könnte auch sagen, es ging eher um ein Reinhalten bezogen auf die Gemeinschaft. Pesthäuser wurden häufig außerhalb oder am Stadtrand errichtet, um die Kranken dort zu isolieren und weitere Ansteckungen zu vermeiden. Auch mussten Angehörige von Kranken oder Menschen, die im Verdacht standen, erkrankt zu sein, ins Pesthaus gehen. Erst, wenn sich herausstellte, dass sie nicht erkrankt waren, durften sie wieder gehen. Dass man mit dieser Praxis auch Gesunde der Gefahr aussetzte, nahm man wohl in Kauf.

Was heute fahrlässig scheinen mag, war damals wohl der puren Verzweiflung geschuldet. Nicht nur konnte man die Krankheit nicht heilen, man hatte auch keine wirkliche Vorstellung davon, wie sie sich verbreitete. Stattdessen kam man mit dem Bestatten kaum hinterher. In Lindau ist sogar die Gründung des Aeschacher Friedhofs auf den Schwarzen Tod zurückzuführen: Man wusste schlicht nicht mehr, wo man die Verstorbenen sonst bestatten sollte.

Vom „Pesthaus“ zu einem Ort mit echter Perspektive

Zum Glück gehören die Schrecken der Pest heute der Vergangenheit an. Mit dem Verschwinden der Krankheit wurden auch die Häuser nicht mehr benötigt. An vielen Orten gingen daraus die Irren- und Krankenanstalten hervor, die in dieser Form zum Teil bis heute Bestand haben. Ein bekanntes Beispiel ist die Berliner Charité.

Auch das Rainhaus in Lindau blieb bis ins 19. Jahrhundert ein Spital. Während der Napoleonischen Kriege diente es als Lazarett; später sogar wieder, um Patienten mit ansteckenden Krankheiten zu isolieren. Doch bald darauf hielten Handel und Gewerbe im Rainhaus Einzug. Anfang des 21. Jahrhunderts schien sein Schicksal, wie das so vieler historischer Bauwerke, besiegelt: Die Bausubstanz war desolat, der Einsturz drohte.

Doch es fanden sich genug engagierte Menschen, die um die Bedeutung des Rainhauses für die Stadtgeschichte wussten: Ein Förderverein wurde gegründet und das Rainhaus im Jahr 2018 mithilfe von Spenden restauriert. Heute nutzt die Lebenshilfe das Gebäude für inklusives Wohnen, um Menschen mit Behinderung und mit besonderem Bedarf ein Zuhause zu geben.

Hier geht es zur Webseite des Fördervereins: www.rainhaus-lindau.de