Die Lindauer Marionettenoper hat sich längst weit über die Grenzen unserer Insel- und Gartenstadt einen Namen gemacht. Zuhause ist die Marionettenoper im Stadttheater Lindau. Ab und an kann man die Marionettenoper aber auch open air erleben, wie zum Beispiel beim Sommer im Casinopark im August 2021. Diese Chance hat sich unsere Autorin nicht entgehen lassen.

Eine Oper auf der Wiese

Um 21 Uhr wird sich der Vorhang heben für „Die Fledermaus“ von Johann Strauss. Eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn sind die Plätze im Casinopark noch leer, dennoch herrscht ein geschäftiges Treiben. Wer für den Erfolg der Veranstaltung mitverantwortlich ist, ist schon lange auf dem Gelände. Patrick Leismüller, Puppenspieler der Marionettenoper, ist bereits seit heute Morgen um 9 Uhr im Park.

„Für Abende wie heute an denen wir auswärts spielen besitzen wir eine Reisebühne. Die ist unserer Bühne im Lindauer Stadttheater nachempfunden.“, erklärt mir Patrick die beachtliche Bühnenkonstruktion, dessen Aufbau 6 Stunden in Anspruch nahm. Direkt nach der Veranstaltung geht es dann an den Abbau, denn hier am See kann sich das Wetter schnell ändern. Damit die Requisiten nicht beschädigt werden, wird bis in die frühen Morgenstunden hinein die mobile Marionettenoper wieder abgebaut.

„Das wird heute ein langer Arbeitstag.“, sagt Patrick und lacht. Ihm ist keine Erschöpfung anzumerken. Die Freude wieder vor einem großen Publikum spielen zu dürfen überwiegt. Während im Stadttheater aufgrund der derzeit geltenden Kontaktbeschränkungen nur 50 Menschen zu einer Aufführung zugelassen sind, stehen heute 200 Plätze im Freien zur Verfügung.

Blick hinter die Kulissen

Schauspieler gehen kurz vor der Aufführung nochmal ihren Text durch, ein Chor singt sich ein und Marionetten? Die schauen sich schon mal auf der Bühne um, laufen umher und üben noch ein paar Gesten. Als ich hinter die Bühne blicke, sind gerade Susanne Steingrüber und Fabian Burisch dabei, sich warm zu spielen. Passend zur heutigen Aufführung „der Fledermaus“ von Johann Strauss lassen sie probehalber ein paar Fledermäuse über die Bühne schweben. Auch das Festkomitee steht schon bereit.

Das Team ist heute Abend zu zehnt im Einsatz. Sie kümmern sich um die komplette Technik und führen die Marionetten. Bei einer Aufführung im Stadttheater sind sie normalerweise zu siebt – open air ist nun mal eine andere Herausforderung.

Susanne Steingrüber und Fabian Burisch spielen sich warm © Lindau Tourismus und Kongress GmbH

Vorhang auf

Wie viele Menschen hinter der Bühne im Einsatz sind, davon merke ich im Publikum während der Aufführung der Fledermaus nichts. Selbstständig bewegt sich Rosalinde durch ihr Zimmer, setzt sich oder nimmt ihren Gatten in den Arm. Faszinierend wie es die Puppenspieler schaffen, dass sich die Marionetten so nah sein können, aber sich ihre Fäden nicht verheddern. Abgestimmt auf die Musik sitzt hier jede Geste. Der Aufführung ist die Liebe zum Detail anzumerken. Das ist nicht nur beeindruckend, sondern auch äußerst amüsant. Die Pointen und Scherze werden vom Publikum lachend kommentiert und auch ich hatte nie in einer Oper so viel Spaß.
Geräusche aus dem Publikum sind für die Puppenspieler ein wertvolles Feedback, erklärten mir Susanne und Fabian vor der Aufführung. Ein Theaterspieler kann ins Publikum blicken und so erahnen, wie gut er mit seinem Stück ankommt. Die Marionetten scheinen zwar lebendig, aber aus unseren Publikumsgesichtern können sie herzlich wenig ableiten. Die Puppenspieler können während der Aufführung ihr Publikum nicht sehen. Umso mehr freuen sich die Künstler deshalb, wenn sie ihr Publikum lachen und klatschen hören. Dieses Feedback erreicht sie auch hinter dem Vorhang. Die Freude des Publikums war vor allem im zweiten Akt nicht zu überhören, als das Tanzballett auf dem Fest des Prinzen Orlofsky auftrat. Im Rhythmus der Musik klatschend wurde der Cancan der athletischen Damen gebührend gefeiert.

© Lindauer Marionettenoper

 

Während manche Männer heute mit dem Autoschlüssel wedelnd die Frauen von sich überzeugen wollen, hat Eisenstein stets seine goldene Taschenuhr dabei. Seine Gattin Rosalinde, verkleidet als ungarische Gräfin, schafft es ihm auf dem Fest die Taschenuhr abzuluchsen. Ich bin beeindruckt von der Kunst der Puppenspieler. Eben noch in der Hand Eisensteins, wechselt die Taschenuhr zu Rosalinde über, die sie in ihrem Dekolleté verschwinden lässt. Nur noch das Band der Taschenuhr baumelt aus dem Ausschnitt der Marionette und der corpus delicti für das Finale im dritten Akt ist gesichert.

© Lindau Tourismus und Kongress GmbH

Am Ende der Vorführung wird dem Publikum präsentiert, wer sich für uns den ganzen Abend ins Zeug gelegt hat. Die Puppenspieler stellen sich vor die Bühne und nehmen ihren wohlverdienten Applaus entgegen. Die „Rache der Fledermaus“ war auf und vor der Bühne ein voller Erfolg.

Mitten in der Nacht wache ich auf. Draußen regnet es als sollten wir mit dem Bau der Arche Noah beginnen, Blitze zucken durch die Wolken, der Wind bringt die Rollläden zum Klappern und ein ohrenbestäubender Donner erfüllt die Nacht. Besorgt luge ich aus dem Fenster. Hoffentlich sind Patrick und seine Kollegen bereits fertig mit dem Abbau.

Tipp: Sie wollen auch die Lindauer Marionettenoper besuchen? Dann buchen Sie Ihre Tickets am besten vor dem Urlaub, denn Karten an der Abendkasse sind rar.