Wir wollen unsere Region ins Glas bringen“, sagt die Lindauer Winzerin Teresa Deufel. Und macht uns klar, dass das eine Lebensaufgabe für sie ist.

Eigentlich hat Teresa Deufel keine Zeit. Aber sie nimmt sie sich trotzdem für unser Gespräch, obwohl sie mitten in der Weinlese ist. Das bedeutet für alle Winzer viel Arbeit, aber bei Teresa hat der Begriff Familienbetrieb eine ganz konkrete Bedeutung – wenn sie mit einem vier Monate alten Baby im Weinkeller steht und die Presse putzt! Warum Sie diese Mühen auf sich nimmt? Weil sie liebt, was sie tut und man das auch schmecken soll. Dabei war der Weinbau nicht unbedingt ihr Lebenstraum.

„Ehrlich gesagt bin ich einfach hängengeblieben“, sagt Teresa Deufel mit Blick auf ihren Betrieb. Rund drei Hektar bewirtschaftet sie in und um Lindau, von der Lage direkt am See bis hinauf an die Hänge. Zwar ist für dieses Jahr schon alles geerntet. Aber dafür liegt die Arbeit jetzt im Keller. Dort, wo die Winzerin ihrem Wein ihre Handschrift geben kann, wie sie sagt, je nachdem, wie sie ihre Reben verarbeitet. „Eigentlich sind wir ganz zufrieden dieses Jahr.“ Aber als Profi nimmt sie es genau: „Die Zuckerwerte sind nicht ganz so hoch wie gedacht.“

 

HEUTE IST ES IHR LEBENSWERK

Längst führt sie ihr Weingut sehr erfolgreich. Aber der Einstieg war nicht gerade wie aus dem Bilderbuch: „Mein Vater ist leider früh verstorben, da hatte ich gerade Abi gemacht. Wie viele meiner Freundinnen damals, hatte ich eigene Träume und Wünsche, was ich mit meinem Leben anfangen wollte. Da gehörte der Weinbau erst mal nicht dazu.“

Aber aufgrund des plötzlichen Todes des Vaters musste Teresa sich auf einmal recht schnell darüber im Klaren sein, ob sie sein Lebenswerk fortführen wollte oder nicht. „Ich war ja erst 18, aber damit die älteste unter uns Geschwistern.“ Das heißt nicht, dass Teresa sich nicht eines Tages für den elterlichen Betrieb entschieden hätte. „Aber so jung, das war nicht einfach. An der Entscheidung habe ich jahrelang gezweifelt.“

Heute ist Teresa umso mehr in ihrem Element. Sie hat schnell ihre eigene Philosophie entwickelt, arbeitet nach biologisch-organischen Grundsätzen. „Das finden natürlich viele gut“, sagt sie. „Aber trotzdem sollen die Früchte perfekt ausschauen, sonst zögern die Leute.“ Damit sind vor allem die Äpfel gemeint, die ja oft unverarbeitet in den Verkauf gehen. Denn fast 20 Hektar Obstwiesen gehören neben den Weinhängen inzwischen ebenfalls zum Betrieb.

 

DIE ARBEIT MIT DER NATUR IN ZEITEN DES KLIMAWANDELS

„Das mit den Äpfeln ist gut gelaufen“, sagt sie und lacht. „Ich habe einen Mann gefunden, der aus der gleichen Branche kommt. Wir haben unsere Betriebe fusionieren können.“ Das gibt viel Sicherheit angesichts immer größerer Herausforderungen. Es heißt ja, wenn man wissen will, wie es um den Klimawandel steht, dann soll man Menschen fragen, die mit der Natur arbeiten. Das haben wir gemacht: „Es ist ein ständiger Kampf gegen diese Windmühle Natur“, erklärt Teresa. „Die Bedingungen sind an sich gut in der Region. Aber die Wetterextreme nehmen zu. Spätfröste im April und Mai, im Sommer ist es entweder zu heiß oder wir haben zu viel Wasser.“

Trotzdem schafft sie es, ihren Weinen unverwechselbaren Charakter zu geben. Da kommt die Handschrift ins Spiel: „Jeder erntet zu einem anderen Lesezeitpunkt, behandelt die Trauben anders und arbeitet im eigenen Keller individuell.“ Dabei muss man auch immer die Beschaffenheit der Böden mitberücksichtigen. Selbst innerhalb ihrer drei Hektar seien diese so unterschiedlich gelagert, dass völlig unterschiedliche Weine daraus hervorgehen. Alles fließt buchstäblich mit ein und sorgt im Fall von Teresas Weinen für ein besonders fruchtiges und aromatisches Geschmackserlebnis.

BEI ALLER LIEBE ZUM WEIN – JETZT ERST MAL DIE FAMILIE

„Wir wollen keinen Mainstream produzieren, das ist die Herausforderung“, sagt Teresa mit Blick in die Zukunft. Und das ist nicht die einzige: „Meine Kollegen in der Region wachsen alle ganz enorm, ihre Güter werden größer. Das ist logisch und nachvollziehbar, bei uns ist es aber einfach in Sachen Weinbau im Moment nicht drin.“ Nicht, dass die Winzerin mit Leib und Seele das nicht reizen würde. Aber mittlerweile ist Teresa auch dreifache Mutter. Das verschiebt die Prioritäten.

„Unsere Jüngste war schon mit vier Wochen bei der Weinlese dabei. Wenn ich so was erzähle, müssen die Leute oft lachen oder sind beeindruckt. Für mich ist das aber eine emotionale Achterbahnfahrt und im Alltag nur Stress. So werde ich weder meinem Anspruch als Winzerin noch meinen Kindern gerecht. Darum stehen meine Kinder jetzt an erster Stelle.“

 

TERESA DEUFEL …

… musste sich früh entscheiden – und hat sich zum Weinbau bekannt, als sie nach dem Tod des Vaters das elterliche Gut übernahm. Anschließend ist sie ihren Weg konsequent gegangen: Ausbildung zur Winzerin in Würzburg und danach zur Weinbautechnikerin bei der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau.

Mit ihrem Ehemann Philipp Erletz hat sie nicht nur drei bezaubernde Kinder, sondern auch den Beruf gemeinsam. Neben den Weinhängen spielt das Obst – hauptsächlich Äpfel, aber auch Kirschen, Birnen und Zwetschgen – eine immer größere Rolle im Familienbetrieb. 2011 kam bei Teresa der eigene Hofausschank namens Degelstein hinzu. „Bei uns finden das ganze Jahr über Kunstausstellungen, Konzerte, der Hofausschank sowie Komm-und-See-Lesungen statt.“

Weingut Teresa Deufel
Schachener Straße 213 | 88131 Lindau
www.teresadeufel.de

 

 

BODENSEE-WEIN MIT GESCHICHTE

Die Lage am See und nahe der Alpen macht die Gegend um Lindau zu einem besonderen Standort für den Weinbau in Deutschland. Im 20. Jahrhundert ließ die Bedeutung der Region allerdings stark nach. Die bessere Verfügbarkeit der edlen Tropfen aus dem sonnenverwöhnten Süden Europas ließ die Winzer am Bayerischen Bodensee nahezu verschwinden.

Bis sich Teresa Deufels Vater Hannes und ihr Onkel Ludwig Haug daran machten, neben ihren Obstwiesen Reben zu pflanzen und den Weinbau in Lindau wieder aufleben zu lassen! 1977 wurde der erste eigene Wein der Weingüter Deufel und Haug ausgeschenkt. Was die beiden auf den Weg brachten, ist bis heute eine Erfolgsgeschichte.

Neben Teresas Betrieb sind das Weingut Haug und der Obsthof Brög beliebte Adressen für Weinliebhaber.

Wein- und Obstgut Haug
Kellereiweg 19 | 88131 Lindau
www.weingut-haug.de

Obsthof Brög
Kellereiweg 30 | 88131 Lindau
www.broeg-schoenau.de

 

 

WINZERIN TERESA DEUFEL ÜBER …

… biologische Landwirtschaft aus Überzeugung
„Für unsere Bio-Weine bekommen wir zwar viel Zuspruch, aber nicht jeder ist auch bereit, höhere Preise für die teils deutlich höheren Aufwände zu bezahlen, die wir mit unseren Weinen haben.“

… das Image von Bio-Weinen bei den Kunden
„Viele haben ein idealisiertes Bild. Wir arbeiten so nachhaltig wie möglich. Dennoch müssen wir in unserer Region die Pflanzen schützen, sonst ernten wir verschimmelte Trauben! Nur Brennnesseltee zum Schutz auszubringen, das funktioniert vielleicht in Franken oder im Burgenland, wo es deutlich weniger regnet, aber leider nicht bei uns.“

… den Klassiker: die Weinprobe
„Kann ich nur empfehlen! Klassischerweise gibt es bei uns zu Summer, Cuvee & Co. Brot und Wasser, aber wir richten auch gerne eine urige Brotzeit für unsere Gäste an.“ Außerdem können wir Winzer unseren Gästen nahebringen, wie viel wir für die Qualität unserer Weine tun.

… das Besondere: Ihre Rädle-Wirtschaft
„Das gibt’s nur hier bei uns in Bayern. Ein Rädle ist ein Guts- oder Hofausschank, der nur wenige Wochen im Jahr geöffnet hat. Bei uns ist es zweimal im Jahr so weit. Dann schenke ich meine Weine in unserer eigenen Rädlewirtschaft Degelstein aus, meine Mama steht in der Küche und bereitet die Speisen zu und meine Schwestern, mein Mann und ich kümmern uns um unsere Gäste.“

… ihren Hofverkauf
„Wer leider nicht zur Weinprobe oder ins Rädle kommen kann, schaut einfach bei uns auf dem Hof vorbei. Montag bis Freitag sind wir von 9 bis 12 Uhr da. Und wenn auch das nicht passt: Einfach anrufen und wir machen kurzfristig was aus – damit niemand auf dem Trockenen sitzen muss.“

 

DIE „EDLE WEINREBE“

Was in dieser Pflanze steckt – es musste einfach das „Getränk der Götter“ sein! Da waren sich die Genießer schon zu frühen Zeiten sicher. Dass die edle Weinrebe heute zu den bedeutendsten Kulturpflanzen der Menschheit gehört, liegt sicher nicht daran, dass man daraus auch Traubensaft machen kann.

In den Beeren wird per Photosynthese Zucker gebildet. Mit der Energie aus diesem Zucker werden während der Reifephase die typischen Aroma- und Farbstoffe gebildet. Die letzten Wochen vor der Lese sind entscheidend für Qualität und Geschmack.

Für eine optimale Photosynthese der Weinreben braucht es Temperaturen von 25 bis 28 Grad. Sonne, Wind und Regen haben dabei großen Einfluss, indem sie die Konzentration der Inhaltsstoffe verwässern oder steigern können.

 

 

UNSER TIPP | Das Winzerfestival Komm und See

Inmitten der Rebstöcke zusammensitzen, gemeinsam kulinarische Momente genießen, zu Live-Musik tanzen und einfach eine gute Zeit haben: Jedes Jahr im Juli laden zwölf Winzer der Bodenseeregion alle Gäste und Einheimischen zum Winzerfestival ein. Jedes Weingut gestaltet seinen Beitrag individuell. So unterschiedlich die hochwertigen Weine sind, so variantenreich fallen Kulinarik und Rahmenprogramm jedes Jahr aus. Ein eigener Shuttle-Service verbindet die zwölf Veranstaltungsorte rund um Lindau, Wasserburg und Nonnenhorn.