Warum Angeln auch etwas mit loslassen zu tun hat
Jedes Jahr testet unsere Autorin eine Freizeitaktivität für Sie. Nach Stand-Up-Paddeln, Kanufahren und Golfspielen in den Vorjahren ging es diesmal raus auf den Bodensee zum Angeln.
Auch etwas für Anfänger
Du gehst angeln?! Wie langweilig“, kommentiert eine Kollegin meinen Plan, während die andere sich diebisch freut, dass ich – bekennender Morgenmuffel – schon vor Sonnenaufgang einen Termin wahrnehmen soll. Ich hingegen sehe mich schon hektisch mit einem glitschigen Fisch kämpfen und über Bord gehen – und beschließe, die wichtigsten Dinge gleich mal mit demjenigen zu klären, der sich auskennt: Tobias Hechelmann – Ur-Lindauer, Bodensee-Experte und Angeltouranbieter. „Klar kann man schon früh morgens rausfahren – muss man aber nicht“, lacht der Chef von ‚Fisch am Seil‘, „kommst halt einfach am frühen Abend vorbei.“
Diese Einstellung gefällt mir – ich entscheide mich für eine vierstündige Tour zum Schleppangeln und erscheine mit Bikini und Picknick im Gepäck am Bootsverleih in Bad Schachen. Was ich nicht dabei habe: einen Angelschein – den besitze ich nämlich nicht. „Kein Problem“, versichert mir Tobias – wir fahren im Gewässerbereich Bregenz, wo man keinen Angelschein benötigt. Wer einen Angelschein hat, kann an der Tourist-Information Lindau eine Tageskarte erwerben. Tobias erzählt, dass vor allem passionierte Angler Touren bei ihm buchen; maximal drei Personen dürfen mit aufs Boot. „Die meisten meiner Gäste sind erfahren und wissen, was sie tun. Aber natürlich können auch Anfänger mit rausfahren.“ Ich zähle definitiv zur letzten Gruppe und erhalte deshalb eine kurze Einweisung, bevor es losgeht: „Sonnencreme nicht vergessen und Vorsicht mit den Haken!“
Wir verlassen das Ufer Richtung Bregenz, das 80 PS starke Fischerboot ist einfach und zweckmäßig ausgestattet. Ein Dach hat es nicht, stattdessen Halterungen für acht Ruten und einen Schleppmast – alles selbst gebaut von Tobias, der schon als 5-Jähriger Forellen aus dem Fluss geangelt hat. Vor sechs Jahren machte er sein Hobby zum Beruf und teilt seitdem sein Wissen und Können mit den Gästen.
„Generell kann man ganzjährig angeln, da die Fische unterschiedliche Laichzeiten haben“, erzählt der 42-Jährige. „Im Winter angelt man eher Felchen, Zander oder Seeforelle, im Sommer meist Hecht, Barsch, Wels oder Saibling.“ Natürlich muss ich die Frage nach dem größten Fang stellen – ein Wels war es bei Tobias: „Die größten Fische im Bodensee sind die Welse, sie können über zwei Meter lang werden. Davon hab ich auch schon mal welche gefangen.“
Gemütlich über das Wasser tuckern
Wir sind mittlerweile auf Höhe der Lindauer Insel angelangt und hissen die weiße Fahne. „Geben wir auf?“, frage ich. „Nein, Bescheid: Dass wir ein ‚Fischerboot im Schlepp‘ sind und die anderen Boote ausreichend Abstand zu uns halten müssen. Weil wir unsere Köder ausgeworfen haben, können wir keine engen Kurven oder schnelle Manöver fahren.“ Rund 350 Meter Schnur hat jede der acht Angeln auf der Rolle – und die sollten sich möglichst nicht verheddern. Während Tobias also die Ruten samt Gummifischen als Köder platziert, darf ich bei Standgas das Steuer übernehmen – und lenke uns im eleganten Zickzack-Kurs übers Wasser. Dass kleine Bewegungen genügen, um den Kurs zu ändern, bekomme ich erst nach einer Weile mit – ebenso wie die Tatsache, dass
eine der Angelrollen plötzlich seltsame Geräusche von sich gibt. „Da hat einer angebissen“, ruft Tobias aufgeregt, „Fisch am Seil!“, und kurz wird es hektisch auf dem bisher so ruhig dahintuckernden Boot. Zügig holt der Profi die Leine ein, während ich losgeschickt werde, den Kescher von der anderen Seite des Bootes zu bringen. Und dann zappelt er auch schon im Netz – ein kleiner Hecht. Ich beäuge ihn aus der Entfernung und überlege noch, ob ich ihn wirklich anfassen will – doch das ist gar nicht nötig: Tobias übernimmt das Ganze fachmännisch und freut sich über den Fang, der ein leckeres Abendessen gibt.
Eine Garantie für den Angelerfolg gibt es bei den Touren natürlich nicht: „Hier richtet sich der Mensch nach der Natur, und das ist das Schöne an diesem Hobby“, konstatiert der Profiangler. „Man lernt, Geduld zu haben und zu warten, dass das Glück zu einem kommt. Beißt ein Fisch an, ist das ein toller Adrenalinkick. Beißt keiner an, ist es auch okay – so ist das in der Natur. Letzten Endes hat es auch viel mit Loslassen und Freiheit zu tun,“ so Tobias Hechelmann. Und genau diesen Aspekt der Angeltour genieße ich nun: Die untergehende Sonne taucht alles in ein mildes Licht, ich esse mein mitgebrachtes Picknick und lasse mir die leichte Bodenseebrise um die Nase wehen. Nur mein Bikini kommt nicht zum Einsatz – das Risiko, dass ich mich beim Schwimmen in einer der Angelschnüre verheddere, ist mir zu groß. Schließlich heißt das Ganze nicht umsonst „Angelsport“, und zumindest auf diesem Boot wird dieser sportliche Aspekt mit entsprechender Ernsthaftigkeit betrieben.
Angeln in Lindau
Das Angeln im Bodensee ist nur mit einem Angel-Erlaubnisschein möglich, welchen Sie gegen Vorlage des gültigen Fischereischeins bei der Tourist-Information Lindau am Alfred-Nobel-Platz 1 erhalten. Wenn Sie Ihren Wohnsitz in Deutschland haben, können Sie den Angel-Erlaubnisschein auch direkt bei der Tourist-Information bestellen. Senden Sie dazu eine E-Mail mit folgenden Dokumenten an info@lindau-tourismus.de
- gescannte Kopie des Angelscheins (Vorder- und Rückseite)
- Information, ob Sie eine Tages-, Monats- oder Jahreskarte wünschen
- aktuelle Adresse, an die der Angel-Erlaubnisschein gesendet werden soll
Sie bekommen den Angel-Erlaubnisschein dann per Post zugeschickt (inkl. Rechnung, zzgl. Portokosten). Die Jahreskarte kostet 75 €, die Monatskarte 40 € und die Tageskarte 15 €, jeweils inkl. Fangbuch und Verkaufsgebühr.